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Jörg Jenoch

(c) Glade

Vorsitzender des Dialogforums Januar bis Juni 2023

Jörg Jenoch wurde 1965 im Erzgebirge geboren, lebt seit 2001 in Eichwalde. Der Vater von drei Kindern war als Lehrer in Eichwalde und Königs Wusterhausen tätig. Gemeinsam mit anderen gründete Jörg Jenoch 2003 die Wählerinitiative Eichwalde (WIE) und saß für die  bis 2008 im Gemeindeparlament.

 

Danach zog die Familie für fünf Jahre in die Türkei, ließ den Kontakt aber nie abreißen. Nach der Rückkehr engagierte er sich wieder kommunalpolitisch und wurde 2014 als Gemeindevertreter gewählt. Von 2013 bis 2017 war er Vorsitzender des Eichwalder Heimatvereins. In 2017 wurde er dann zum Bürgermeister von Eichwalde gewählt.

„Weil es das Ganze belebt“

Interview mit Jörg Jenoch

(c) Gemeinde Eichwalde

Was kommt auf die Mitglieder des Dialogforums zu mit Ihnen als Vorsitzenden für die nächsten sechs Monate?

Wir haben im letzten Jahr viel geschafft und arbeiten kontinuierlich weiter. Ich setze meine einfach Arbeit in der AG 1 fort, habe dort als AG-Leiter die Schwerpunkte des Dialogforums für dieses Halbjahr vorbereitet und werde als Vorsitzender versuchen mit meinen Kollegen jetzt erfolgreich umzusetzen.

 

Welche Schwerpunkte möchten Sie setzen?

Wir wollen den Regionalen Entwicklungsfonds auf den Weg bringen. Das heißt, wir werden in diesem Halbjahr die Antragsstellung durchführen und eventuell auch schon die ersten Bescheide für neue Projekte an unsere Mitglieder herausgeben. Außerdem werden wir den Quo-Vadis-Prozess in Gang setzen. Dann werden wir wissen, welche Aufgaben das Dialogforum in den nächsten Jahren übernehmen soll, wie wir diese gestalten und in welcher Organisationsform das Dialogforum weitermacht. Die Diskussion dazu werde ich moderieren.

 

Warum braucht das Dialogforum eine neue Organisationsform? Das hat doch bisher gut funktioniert?

Wir haben uns mit vielen Projekten auf den Weg gemacht und wir sehen, wie schwierig es ist, diese als KAG umzusetzen. Seit über einem Jahr wollen wir Dinge in dieser Region realisieren und bedienen uns dabei einer Hilfskonstruktion, bei der eine der Kommunen als Lead-Kommune vorangeht und alles im Rahmen des Dialogforums abwickelt. Dies funktioniert bei größeren Projekte nicht. Daher müssen wir eine neue, passende Gesellschaftsform finden. Diese wollen wir in einem Prozess herausarbeiten und uns dann entscheiden.

 

Was wäre denn die beste Form?

Wir wollen das nicht neu erfinden: Vielerorts laufen bestimmte Dinge ähnlich wie bei uns. Ganz viele Kommunen arbeiten zusammen, beispielsweise als Planungsgemeinschaften, Zweckverbände oder Anstalten öffentlichen Rechts. Wir müssen nur gucken, was für uns am besten passt.

 

Am Ende ist es ein demokratischer Prozess.

Genau. Wir wollen möglichst viele unserer Mitglieder mitnehmen. Das wird keine Mehrheitsentscheidung, sondern da müssen viele mitmachen. Es kann nicht sein, dass sechs für das eine und fünf für das andere sind, und am Ende wird gemacht, was die sechs wollen – so funktioniert das nicht.

 

Sie haben zwei Hüte auf: als Bürgermeister von Eichwalde und als Vorsitzender. Ist das nicht herausfordernd?

Als Bürgermeister habe ich nicht nur einen, sondern noch viele andere Hüte auf, beispielsweise bin ich auch Vorsitzender der Schutzgemeinschaft der Umlandkommunen um den Flughafen – von daher ist es keine so besonders neue Situation.

 

(c) Gemeinde Eichwalde

Ich stelle es mir schwierig vor, als Vorsitzender der Schutzgemeinschaft in die Konfrontation mit dem Flughafen zu gehen und an anderen Stellen als Vorsitzender des Dialogforums mit ihm zusammenzuarbeiten.

Das wiederum ist nicht schwierig, weil man als Bürgermeister von Eichwalde automatisch ein Kritiker des Flughafens ist. Das geht ja gar nicht anders: Wir sind eine der Gemeinden, die am meisten vom BER betroffen sind und am wenigsten davon profitieren. Ich habe schon manchen Streit mit Herrn Halberstadt ausgefochten. Das muss einfach sein, man muss die Dinge auf den Tische legen und am Ende trifft man sich dann irgendwo.

 

Herr Igel und Herr Mücke, ebenfalls Bürgermeister und AG-Leiter, waren vor Ihnen Vorsitzende – haben Sie es jetzt leichter, weil sie vorgemacht haben, wie es geht, oder schwieriger, weil Sie gefordert sind, eine eigene Note einzubringen?

Ich glaube, dass ich weder leichter noch schwerer habe, denn ich werde einfach meine Arbeit als AG-Vorsitzender weiterführen und zusätzlich eben als Vorsitzender agieren. Das werde ich so gestalten, wie die Kollegen mich kennen und eben ein wenig anders als meine Vorgänger. Deswegen finde ich es auch gut, dass wir rotieren: weil es das Ganze belebt.

 

Was wird die größte Herausforderung für Sie in den nächsten sechs Monaten sein?

Es gibt zwei Herausforderungen: Die eine ist, die Länder und Landkreise dazu zu bringen, sich wieder aktiv zu beteiligen. Dazu dient auch der Quo-Vadis-Prozess. Die andere ist, mehr Gehör in den Parlamenten und bei den Landesregierungen zu finden. Dazu sprechen wir mit den Landtagsfraktionen. Wir sind eine Boom-Region: Hier passiert viel und gerade, weil hier so viel passiert, braucht es auch die Unterstützung der Länder und letztendlich auch des Bundes.

 

Bei dem enormen Pensum, das Sie da vor sich haben; wie entspannen Sie sich?

Wenn es klappt, fahre ich morgens eine Stunde Fahrrad. Ich fahre jetzt Richtung Schmöckwitz und dann weiter nach Wernsdorf. Da bin ich früh immer noch allein. Ich habe keine Kopfhörer drin und kann beim Fahren gut nachdenken.

 

Egal, welches Wetter?

Es gibt kein schlechtes Wetter, nur die falsche Kleidung.
 

Sie kommen aus dem Erzgebirge, haben dort bis zum 18. Lebensjahr gelebt. Dann waren Sie in der Welt unterwegs, bis Sie 2001 nach Eichwalde gezogen sind. Fühlen Sie sich als Brandenburger oder als Eichwalder?

Ich fühle mich nicht als Brandenburger. Den Brandenburger gibt es nicht, das sind unterschiedliche Völkchen hier. Der Prignitzer ist etwas anderes als der Lausitzer und so weiter.
Wir leben hier im Metropolraum auf Brandenburger Seite, das gibt uns etwas Städtisches. Eichwalde ist ja im Grunde keine Stadt, aber hat städtisches Flair. Kurz gesagt: Ich fühle mich als Eichwalder. Wir sind 2001 hierhergezogen und lieben es.

(c) B Fritz

Noch eine persönliche Frage: Was regt Sie so richtig auf?

Mich regt diese organisierte Verantwortungslosigkeit in unserem Land auf. Das sieht man besonders auch am Flughafen. Das finde ich ganz furchtbar. Man versenkt Milliarden, aber hat irgendjemand dafür Verantwortung übernommen? Ein anderes Beispiel ist Corona: Da kommen am Freitag nachmittags die Anordnungen, die am Montag umzusetzen sind. Das ist kaum machbar. Gibt es da jemanden, der Verantwortung übernimmt? Noch ein Beispiel: Seit 15 Jahren soll hier eine Landesstraße ertüchtigt werden. 800 Meter in Eichwalde. Jetzt heißt es, 2026 soll sie fertig werden. Aber keiner will verantwortlich sein.

Der schwarze Peter wird von links nach rechts geschoben…

Genau. Wir müssen da anders herangehen. Wir müssen das benennen.

 

Sie haben einmal gesagt, der frühere Vorsitzende des Dialogforums Dr. Reichwein habe Sie geprägt. Inwiefern?

Dr. Reichwein war so stolz, ein Kommunaler zu sein, eine Kommune zu vertreten. Das habe ich mir abgeguckt. Es ist wichtig, dass wir als Kommunen stolz sind auf das, was wir machen. Dr. Reichwein hat das ins Dialogforum eingebracht. Seitdem haben wir diese Haltung und treten so auf.